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Kleine Fluchten - August 2006

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1 - Kallinchen: Im Untergrund

Mitte August 2006 beginnt unsere Trip mit einer Hochzeitsfeier im Herzen von Brandenburg. Nachdem wir uns Kunst, Kultur und die „Biosphäre“ in Potsdam und einen Ausflug in den Berliner Tierpark gegönnt haben, geht es Richtung Südosten nach „janz weit draussen“. Nach dem herzliche Empfang durch die Dauercamper und den nicht ganz so warmen Empfang durch die Chefin des Platzes ist Kallinchen der Ausgangspunkt unserer Exkursionen.

Das erste Ziel ist Wünsdorf, welches lange Zeit militärisch geprägt und bis kurz nach der Wende fest in russischer Hand war. Heute mausert sich Wünsdorf zur Bücher- und Bunkerstadt. In den nach unserem Geschmack fast schon zu sehr modernisierten Gebäuden befinden sich heute mehrere gut sortierte Antiquariate und verschiedenen Museen. Wir nutzen die Bücherläden zum Auffüllen unserer Vorräte, wobei die Bücher eher preiswert, denn billig sind. In einer ehemaligen Militärbaracke ist fast die gesamte Geschichte der motorisierten Zweiräder der DDR zu bewundern. Dicht an dicht stehen alte MZ, Simson, Jawa und BK von alltagsgetreu bis perfekt restauriert. Eine Highlight ist ein rollerbasierender Pflug Marke Eigenbau – der wahre Vorläufer aller Trikes. In der Woche ist das Museum nur auf Wunsch geöffnet, die Mitarbeiter des Museumshops erfüllen uns den Wunsch gerne.

Die eigentliche Hauptattraktion in Wünsdorf sind die alten Bunkeranlagen. Die militärische Vergangenheit der im Wald versteckten Siedlung geht bis vor den ersten Weltkrieg zurück. Für den zweiten Weltkrieg entstand hier die Bunkerstadt Maybach I. Die mehrstöckigen Häuser sahen von außen völlig normal aus, waren aber im inneren als Bunker ausgelegt und unterirdisch miteinander verbunden. Hier liefen alle Fäden der Kommunikation im Dritten Reich zusammen und auch der Startschuss zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte wurde hier gegeben. Nach dem Krieg wurde versucht die Gebäude zu sprengen – was mehr oder weniger gut gelang. Baumaterial war nach 1945 rar und so wurden Moniereisen aus den zerstörten Häusern beispielsweise für den Aufbau der „Stalinbauten“ in der Frankfurter Allee in Berlin genutzt.

Wenige Meter entfernt befinden sich die gewaltigen Reste des Bunkers „Zeppelin“ – im postdeutsch auch bekannt unter dem Namen „Amt 500“. Durch eine dicke Stahltür gelangen wir in die Unterwelt. Vieles ist aus den Anlagen entfernt oder zerstört – aber auch die vorhandenen Überreste sind faszinierend. Nach dem zweiten Weltkrieg und der Sprengung der oberirdischen Anlagen von Maybach I wurde die Anlage einige Jahre nicht mehr genutzt. Wobei „nicht genutzt“ nicht ganz der richtige Ausdruck ist, denn einige Häuser in Wünsdorf und Umgebung wurden seit dieser Zeit angeblich mit Elektroheizkörpern aus den Bunkern geheizt. Später übernahm das Oberkommando der sowjetischen Truppen die Anlage. Erst 1994 wurden die Anlagen geräumt und nach dem sich über ein paar Jahre hinziehenden Versuch des Rückbaus sind die Anlage heute zu besichtigen.
Das nächste Ziel ist eher praktische Natur – bei der Allradscheune Trebbin haben wir ein paar gebrauchte Kleinigkeiten für den Vitara besorgt. Der Tag ist noch lang, so steht einem Abstecher zum Kloster Zinna nichts im Weg. Dort kommen wir dann doch zu spät an, denn die Destillation gesundheitsfördernder Essenzen können wir leider nicht mehr besichtigen.

Die Möglichkeiten zum Fahren abseits der Piste sind auch in Brandenburg nicht mehr grenzenlos – aber nach intensivem Kartenstudium und ein paar Irrfahrten finden wir die passenden offiziellen Strecken.

Der nächste Tag steht im Zeichen der Spreewaldgurke. Hauptziel unseres Ausfluges ist der Bahnhof der ehemaligen Kleinbahn in Burg, welcher heute als rustikale Eisenbahnerlebnisgaststätte genutzt wird. Leider finden wir keinen Fensterplatz, denn sonst hätten wir unsere Bestellung per Gartenbahn bekommen. Wenn Spreewald und schönes Wetter dann muss man entweder radeln oder paddeln gehen.

Wir entscheiden uns für's paddeln und werden mit tierischem Mitschwimmern belohnt. Auf dem Weg nach Fürstlich Drehna haben wir auf die Befahrbarkeit der ehemaligen Tagebaue gehofft, aber die meisten Flächen sind in der Rekultivierung und da wachsen Verbotsschilder am Besten. Aber einige wenige Möglichkeiten gibt es doch noch. Nach einem kurzen Abstecher zur ehemals geplanten Luftschiffwerft in Brandt – heute das Badezentrum „Tropical Island“ - geht es bei einsetzendem Regen und einem „künstlichen Blitz“ in Augenhöhe zurück zum Zeltplatz.