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Zypern - Reise in ein geteiltes Land (März 2018)

Im März 2018 flogen wir gefühlt Holzklasse gen Südosten um die geteilte Insel im Mittelmeer auf eigene Faust zu erkunden. Wie üblich findet man auf unserer Seite mehr "Schrott", verlassene Orte und abgelegenere Plätze, was aber nicht heisst, dass wir nicht auch die lebendigen Seiten der faszinierenden Insel genossen haben. "Wie die Meisten" wählten wir als Ziel die griechische Seite der Insel, ein schickes Hotel in Limassol war der Ausgangspunkt für unsere Touren. Den türkischen Teil lernte wir nur kurz in der Hauptstadt kennen, zu weit sind die Entfernungen auf der Insel und nicht an jeder Ecke ist ein Grenzübergang. Aus dem ehemals geteilten Deutschland kommend ist es schon strange zu sehen, dass sich ehemalige Nachbarn durch hohe Zäune abschotten. Als Tourist bekommt man davon nicht sehr viel mit, die Einheimischen scheinen die Teilung von 1974 noch nicht vergessen zu haben.
Für die Tour über die Insel einen kleinen 4x4 zu finden war gar nicht so einfach, die Zeiten dass Jimny und Co an jeder Ecke stehen waren hier definitiv vorbei. Aber am Ende wurden wir fündig und sind auch nie stecken geblieben.

Eisenbahn- und Bergbaurelikte
Los geht es mit ein paar Eisenbahnzielen. Zypern hat heute keine aktive Eisenbahn mehr, aber vor Jahren führte die Schmalspurbahn nach Famagusta ins Inselinnere. Lange Zeit nach der Betriebseinstellung in den 50'er Jahren fanden sich einige Eisenbahnenthusiasten und bauten im ehemaligen Bahnhof nicht weit von der Grenze zum türkischen Teil Zyperns ein kleines Eisenbahnmuseum auf (CYPRUS RAILWAYS MUSEUM). Das ruppige Englisch täuschte, schnell fühlte man sich als Gast willkommen. Doch nicht nur der "Pufferknutscher" kommt auf seine Kosten, denn der gepflegte Rosengarten zeugte vom grünen Daumen der Betreiber.
Die nächsten Zielpunkte lagen im Umkreis von 30 km von unserem Hotel. Die Zeugen der bergbaulichen Vergangenheit im Ortskern von Asgata sind einfach zu finden.
Nicht weit davon warten noch ein paar Bergbaureste auf die Erkundung (Kalavasos Mines - The Inclined Shaft) , dank 4x4 können wir uns vorbei am Übungsgelände der Armee bis auf wenige Meter nähern.
Nicht weit entfernt steht noch eine alte Verlade- oder Brecheranlage (Kalavasos Mines - The Loading Hopper) mit einem weiteren offenen Stollen.
Auf die Feldbahnreste nördlich von Parekklisia wurden wir im Feldbahnforum aufmerksam. Nach der Suche bei Google Earth konnten wir die Ranch und damit die GPS Koordinaten ausfindig machen. Über kleine Feldweg, vorbei an "John Wayne und zwei Cowgirls" gelangten wir zu dem weitläufigen Gelände. Unter dem misstrauischen Blick des Wachhundes konnten wir ein paar Bilder von den Schätzchen machen. Anscheinend handelte es sich um eine ehemalige Kies- und Landwirtschaftsbahn, aber gefahren ist hier schon lange nichts mehr. Nebenbei schlummerte noch eine alte Feuerwehr vor sich hin, angesichts der Trockenheit wäre eine Einsatzbereite vielleicht besser ….
Eine weitere Feldbahn bei Kalavasos (Sodor no More) ist idyllisch auf einer Brücke positioniert.
Die Umgebung um den Olymp von Zypern lädt zu einer angenehmen Wanderung ein (die man auch gut per Miet - MTB machen kann …), allerdings haben wir uns das nähere Erkunden der Erzgrube am Antalante Trail dann doch sicherheitshalber erspart.
Die Region war früher bekannt für ihren Asbestabbau, dank Rekultivierung sind viele Narben mittlerweile verheilt. Das kleine Bergbaumuseum in Olympos erinnert an die aktiveren Tage, einen guten Blick auf die ehemaligen Tagebaue kann man von Amiandos Destruction erhaschen.
Die Reste der Bergwerksbahnen im türkischen Teil konnten wir aus Zeitgründen leider nicht mehr anfahren, denn die gefühlte Größe der Insel täuscht und nicht überall kommt man über die Grenze.

 

Schiffswracks

Zyperns Küste ist anscheinend nicht frei von Untiefen. Des einem Leid ist des anderen Freud. Die Geschäftsidee direkt an einem Schiffswrack ein erstklassiges Café/ Restaurant zu eröffnen, hätten uns auch einfallen können (Ghost Ship).
Das nächste Wrack liegt weiter draußen, aber in perfekter Reichweite zu einem großen Ferienkomplex (The Old Ship)
Dem nächsten Schiff hat Meer und Wind schon deutlich mehr zugesetzt (vanishing wreck), dafür ist es hier auf der Halbinsel auch deutlich einsamer. Etwas südlich schaut auch noch ein Schornstein aus dem Meer, während die Surfer ihrem Hobby nachgehen.
So richtig als Wrack kann man den Frachter, der vor Limassol auf Reede liegt und von unserem Hotelbalkon zu bewundern war, zwar nicht bezeichnen, andererseits ist er aber auch kein Grund für eine Feinstaubdebatte …..

 

Hauptstadt mit Motorrad Museum

Die Hauptstadt Nikosia muss man besucht haben. Während man in den Urlaubsregionen nichts von der seit 1974 vorhandenen Teilung der Insel merk, wirkt die Grenze in Nikosia unwirklich und wie eine tiefe Narbe. Unser erster Anlaufpunkt ist das Motorradmuseum "Cyprus Classic Motorcycle Museum". Etwas abseits im griechischen Teil liegend, strahl es ganz viel Aura und Patina aus. Der Eigentümer Andreas führt uns durch seine Sammlung und als MZ - Freund wird einem bewusst, dass auch in diesem Teil der Welt Maschinen aus Zschopau zu Hause sind. Wir helfen dann noch beim Verladen eines Oldies und versprechen ein wenig Werbung für dieses Kleinod zu machen.
Nachdem wir die Grenze mit doppelter Ausweiskontrolle überwunden haben, fühlen wir uns im türkischen Teil wie in einer anderen Welt. Moscheen laden auf einmal zum Besuch ein, der Teil ist eindeutig mehr Orient als Zentraleuropa. Wir schlendern durch kleine Gassen und den Basar und stellen fest, dass sich als verbindendes Element die Insel als ein Katzenparadies herauskristallisiert.

 

Lost Place und urige Technik

Zypern ist auch für den Freund alter Technik und verlassener Ort ein kleines Paradies. Bekannter Lost Place ist das Verigaria Hotel in Prodromos in der Inselmitte. Die alte Hotelanalge scheint schon länger nicht mehr genutzt zu sein, zeigt sich aber in einem erstaunlich gut erhaltenen Zustand.
Abseits der Küsten scheint auch die Finanzkrise stärker zugeschlagen zu haben, es stehen einige Hotels leer. Ganz unbewohnt sind die wenigsten, meist findet sich im Umfeld doch noch ein letzter Bewohner.
Interessant ist das alte Sanatorium in dem Bergbaugebiet in der Nähe des Olympos. Dank des Caches Abandoned Hospital finden wir den Platz und erkunden die Umgebung.
Alte Technik leistet noch unverzichtbare Dienste, auch hier wird der Fan an vielen Stellen fündig. Alte Traktoren sind Bestandteil der kleinen Landwirtschaft, alte Geländewagen und Autos sieht man immer wieder einmal am Straßenrand oder auf Grundstücken die Zeit überdauern. Die Frage ob sie noch einsatzbereit sind, lässt sich nicht immer direkt beantworten.
Eine DRZ geht bei vielen vielleicht auch schon als alte Technik durch, mir geht angesichts der großen Anzahl einfach nur das Herz auf ;o)

 

Land und Leute

Die passenden Reisegruppen in unserem Hotel zeigen, dass die Insel kulturell so einiges zu bieten hat. Auch wir nutzen die Chance und beispielsweise bei der Tour durch das Inselinnere können wir in der einsetzenden Dämmerung nach dem "goldigen" Kloster Khyklos das oberhalb liegende Heldendenkmal allein für uns erkunden.
Als weiters fallen die Kirchen ins Auge. Ein besonderes Exemplar, welches für uns die perfekte Symbiose aus einsamer Natur mit ein wenig Lost Place Feeling hat, finden wir bei der Suche nach dem Cache "Vavatsinia Series #3 - Cave (Moutti tis Athashas)". Durch Zufall kommen wir an der Kirche "Moni Profitis" vorbei und just in diesem Moment bricht ein gewaltiger Wolkenbruch vom Himmel. Angesichts unserer profillosen Reifen "flüchten" wir in das Gotteshaus, niemand ist weit und breit zu sehen, nur ein einsames Grablicht zeugt von der kürzlichen Anwesenheit von Mitmenschen. Während draußen der Regen prasselt und die Blitze zucken, durchstreifen wir andächtig die gut erhaltene Kirche und den mitgenommenen Anbau.
Auf dem Weg zu den Tamassos-Gräber bei Lefkosia wurde es Zeit für ein Nachmittags - Käffchen. Die kleine Dorfkneipe in Pera erwies sich als Glücksgriff. Mit dem Eigentümer konnten wir uns gut verständigen und er war sichtlich froh, ein paar andere Gesichter zu sehen. Schnell erfuhren wir so einiges aus dem Leben der Zyprioten, was man nicht direkt im Reiseführer findet, aber auch dass sich hier ehemalige Deutsche niederlassen.
Die kleinen Dörfchen im Inselinneren kleben häufig an den Bergen, kleine Gassen schlängeln sich hindurch. Hühner spielen auf Zypern anscheinend eine ganz besondere Rolle, die riesigen Figuren findet man häufiger auf der Insel.
Echte antike Stätten sind natürlich auch zu finden. Bei den Stätten der Aphrodite - ob Fels oder Bad - zählt für uns eher die schöne Umgebung, bei der archäologischen Ausgrabungsstätte von Kourion kann man vorbei an Mosaiken von Achilles und Gladiatoren, den Resten von Bädern und einem antiken Theater wandeln und dabei einen Blick aufs Meer genießen. Auch die Burganlage von Kolossi mit den Resten einer alten Zuckermühle ist einen Besuch wert.

 

Offroad

Wie so oft auf südlichen Inseln erwies sich der Jimny als gute Wahl. Nicht das wir kerniges Offroad gefahren sind, aber auf "unasphaltierten" Wegen sind etwas Bodenfreiheit und vier angetriebene Räder hilfreich. Natürlich kommt man auch ohne aus, aber einsame interessante Orte sind so viel einfacher zu erreichen.
Südlich von Limassol liegt eine spärlich bewohnte Halbinsel. Der letzte Zipfel wird heute militärisch genutzt, der Bereich davor ist an der östlichen Seite ein toller Strand und an der westlichen Seite an Paradies für Surfer und angesichts der Schiffswracks die Hölle für Seeleute. Aber auch am Strand zu liegen und dabei die Militärflieger starten und landen zu sehen (insbesondere da zum Zeitpunkt unseres Besuches mal wieder "dicke Luft" Richtung Syrien herrschte) ist beklemmend.
Echten Offroadspaß gibt es im westlichen Zipfel der Insel. Hier bieten eine Vielzahl von Tour - Anbietern Quads und Mad - Max Mobile zum Verleih an, aber wir hatten ja unser eigenes kleines Eselchen. Wieder haben wir uns grob von ein paar Tupperdosen leiten lassen.
Das verlassene Dörfchen Foinikas führte uns direkt in die erste Reihe eines besonderen Spektakels. Schon auf der Fahrt dorthin fiel uns der befahrene Hang auf, dass er wirklich zum 4x4 Hillclimben genutzt wurde, konnten wir kurze Zeit später feststellen. Während wir noch die verlassenen Häuser erkundeten, näherten sich von mehreren Seiten die Allradler. Da sie anscheinend alle das gleiche Ziel hatten, fuhren wir auch in die Richtung. Eine Gruppe russischstämmiger Einheimischer versuchten den Berg zu erklimmen, dem Gewinner winkte eine Flasche Whiskey. Wir wurden in dem bunten Treiben aufgenommen und staunten, was alles geht oder eben auch nicht geht. Da es langsam dunkel wurde, konnten wir nicht herausbekommen, ob die Flasche Hochprozentiger noch ihren Meister gefunden hat.

 

Natur, Pflanze und Tiere

Wie so oft auf Inseln ist die Pflanzen und vor allem Tierwelt in einigen Teilen spezialisiert, aber häufig auch durch massive Bejagung in den Jahrhunderten nicht mehr so vielfältig. Die "richtig großen" Tiere haben wir uns im Zoo in Pathos angeschaut, der sich aus einem ehemaligen Vogelpark gemausert hat und einen vernünftigen Eindruck macht.
Richtig faszinierend sind die allgegenwärtigen Eidechsen und Lizzards. Schön in der Sonne liegen können sie bestens, allerdings scheinen die Tierchen manchmal auch etwas unvorsichtig zu sein und die Gefahren des Straßenverkehrs zu unterschätzen.
Ein Chamäleon haben wir bisher noch nie gesehen, plötzlich quert so ein possierliches Tierchen unseren Weg. Schnell war es nicht, aber jeder Winkel der Umgebung und die komischen Zweibeiner wurden beäugt.
Die Avakas Schlucht westlich von Pathos wird für eine Wanderung empfohlen und der Tipp lohnt sich. Vorbei an einer Tupperdose führt der Weg durch hochaufragende Felswände. Im letzten Drittel wird es deutlich einsamer (dann haben wir auch das krakeelende deutschsprachige Filmteam hinter uns gelassen) auch wenn damit der spektakulärste Teil vorbei ist. Zeitgleich findet ein Mountainbike - Rennen statt, wir können noch ein paar Teilnehmern zujubeln.
Stachlig ist die Fauna allerorts. So viele Dornen und widerspenstige Gräser haben wir schon lange nicht mehr aus unseren Socken und selbst Wanderschuhe gepult. Auf so einige Caches haben wir allein aus dem Grund verzichtet. Dass stachlig auch sehr schön sein kann, zeigen eindrucksvoll die Kakteen.
Diese rund 1,5 m lange Schlange haben wir beim Nachmittagsschlaf auf der Hauptstraße gestört. Zum Glück (für sie) waren wir auf der einsamen Straße im Cruising - Mode unterwegs und konnten rechtzeitig anhalten. Große Dankesbekundungen bekamen wir nicht, etwas unwirsch schlängelte sie von dannen.
Das folgende Suchbild ist gar kein Suchbild: Objekt der Begierde sind die Erdbeerbäume, die im Gebirge fast überall wachsen. Die rötlich schimmernde und meist sehr glatte Rinde ist sehr auffällig, nur Früchte haben sie zum Zeitpunkt unseres Besuches nicht gesehen.
Was wäre Zypern ohne seine Flamingos. Ein guter Ort zum Beobachten ist der Salzsee auf der Halbinsel südlich von Limassol. Beim Cache Pink Clouds kann man sich erst ein wenig informieren um dann den eigentlichen See zu erkunden. Von dem harmlos aussehenden Boden in Ufernähe sollte man sich nicht täuschen lassen, der Schlamm hat es in sich.
Schon war der Urlaub wieder vorbei. Zypern ist vielleicht nicht das beliebteste Reiseziel der Deutschen und für einen reinen Badeurlaub auch nicht die beste Wahl. Zum Seele baumeln lassen und neue Erfahrungen zu sammeln lohnt sich der Trip aber auf jedem Fall.